Gentechnisch veränderte Bäume

Auch Bäume werden gentechnisch verändert. Weltweit werden verschiedenste Gentechnik-Bäume testweise angebaut. Meist geht es darum, die Bäume widerstandsfähiger gegen Insekten oder Herbizide zu machen. Es gibt aber auch andere Versuche: So wird beispielsweise mit Bäumen experimentiert, die schneller wachsen oder an kältere Temperaturen angepasst sind. Auch daran, wie Bäume für die Spritherstellung optimiert werden können, forschen Wissenschaftler*innen auf der ganzen Welt. Die meisten Forschungsprojekte zu Gentech-Bäumen gibt es in den USA.  Auch in Europa (in den Ländern Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Norwegen, Portugal, Schweden, Spanien) wurden oder werden Versuche mit Gentechnik-Bäumen durchgeführt.

Nur wenige Gentechnik-Bäume werden bereits wirtschaftlich genutzt. In den USA sind beispielsweise zwei Produkte gentechnisch veränderter Bäume auf dem Markt: eine Apfellinie (Arctic Apple), deren Äpfel nach dem Aufschneiden nicht braun werden und Papayabäume, die virusresistent sind.³ Auch für Baumplantagen, die für die Holz- und Energieproduktion zunehmend wichtiger werden, wird der Anbau transgener Bäumen diskutiert.

Forschung und Entwicklung

An Gentechnik-Bäumen wird in staatlichen Institutionen, wie zum Beispiel Universitäten, und in Laboren privater Unternehmen geforscht. Auch Kooperationen zwischen staatlichen und privaten Einrichtungen sind häufig. Der Modellorganismus für die gentechnische Veränderung von Bäumen schlechthin ist die Pappel: Sie wächst schnell, lässt sich leicht gentechnisch verändern und ohne Befruchtung (vegetativ) vermehren. Sie war 1986 die erste Baumart, die gentechnisch verändert wurde. Auch war es das Genom der Pappel, das Wissenschaftler*innen 2004 zum ersten Mal entschlüsseln konnten (Der Fachbegriff dafür heißt Genomsequenzierung).  Ein Großteil der weltweiten Freilandversuche von transgenen Bäumen entfällt auf die Pappel. Auch in Deutschland und anderen EU-Ländern wurden oder werden gentechnisch veränderte Pappeln bereits im Freiland getestet. China begann 2002 an verschiedenen Standorten mit der kommerziellen Nutzung von insektenresistenten Pappeln. Den Pappeln wurde ein Gen des Bacillus thuringiensis eingefügt (sogenannte Bt-Pappeln), damit sie selbst ein Insektengift gegen Schädlinge produzieren können. Andere Pappeln wurden mittels fremder Gene so verändert, dass sie neue Eigenschaften bekamen. So konnten einige beispielsweise auf salzigen Böden besser überleben1.

Gentechnisch verändert wurden auch andere Baumarten wie Fichte, Kiefer, Lärche, Pinie, Birke, Ulme oder exotischere Arten wie Eukalyptus und Gummibaum. So beantragte die von Papier- und Biotechunternehmen wie Monsanto (jetzt Bayer) gegründete Firma ArborGen in den USA, den kommerziellen Anbau ihrer Gentechnik-Eukalyptuspflanzen zu erlauben. Gentech-Eukalyptus soll tolerant gegen niedrige Temperaturen sein, eine veränderte Holz-Zusammensetzung haben und schneller wachsen. Transgene Pinien wurden von der zuständigen Behörde USDA als nicht regulierungsbedürftig eingestuft2. Damit dürfen sie sogar ohne Erlaubnis angebaut werden. Zudem werden in verschiedenen Ländern transgene Obstbäume entwickelt und im Freiland getestet. In den USA, Spanien und den Niederlanden wird mit Pflaumen- und Apfelbäumen experimentiert.

 

 

Datenbank

Übersichtliche Datenbank zur weltweiten Freisetzung transgener Bäume.
Gm Tree Watch

Neue Eigenschaften von Bäumen

Mithilfe der Gentechnik sollen die Bäume neue Eigenschaften bekommen. Wie bei anderen Gentechnik-Pflanzen auch, forschen Wissenschaftler*innen vor allem daran, die Bäume widerstandsfähiger gegen Insekten und Pestizide zu machen (Insekten- und Herbizidresistenz).   Andere Forschungsprojekte haben zum Ziel, Bäume unempfindlich gegen Krankheitserreger wie Viren, Bakterien oder Pilze zu machen. Auch an einer Veränderung der Holzbestandteile (Lignin), Toleranzen gegen widrige Umweltbedingungen (Hitze, Trockenheit, Kälte etc.), beschleunigtem Wachstum und gesteuerter Blütenbildung wird geforscht. Bäume sollen in kürzerer Zeit mehr und – je nach Verwendungszweck – die „richtige“ Biomasse liefern. Veränderungen der Lignin-Zusammensetzung dienen der effizienteren Zellstoffproduktion. Die vereinfachte Spaltung der Kohlenhydrate dient der Produktion von Biosprit (Ethanolgewinnung). Außerdem sollen gentechnisch veränderte Nordmanntannen als Weihnachtsbäume ihre Nadeln später verlieren und bestimmte gentechnisch veränderte Pappeln den Boden entgiften.

Um Anbau und Verarbeitung in sogenannten Kurz-Umtriebsplantagen effektiv zu gestalten, ließen sich – so die Vision – Pappelklone mit einer Reihe von Eigenschaften ausstatten:

  • Schädlingsresistenz
  • Bildung kurzer, dicker Stämme mit wenigen, kleinen Ästen
  • geringe Lichtbedürftigkeit, die eine hohe Pflanzdichte (1,2 x 2,5 m) erlaubt
  • rasches Wachstum, das eine schnelle Rotation (Holzernte) von etwa fünf Jahren ermöglicht
  • lange Vegetationsperiode mit frühem Austrieb und spätem Blattfall
  • fehlende Blütenbildung – um so mehr Biomasse im Stamm zu erreichen und den Pollentransfer zu reduzieren
  • an unterschiedliche Nutzungswünsche angepasste Zellwände
  • schlussendlich sollten diese Pappelklone nicht eigenständig in der Natur überleben.

Bei Obstbäumen hingegen soll die Blütenbildung nicht unterdrückt werden, sondern früher einsetzen, um die relativ lange Jugendentwicklung abzukürzen, in der die Bäume nicht blühen und keine Früchte bringen. Ansonsten sollen Obstbäume vornehmlich schädlings- oder krankheitsresistent werden. Außerdem wurde in den letzten Jahren daran geforscht, wie die Unterlage am Baum gentechnisch verändert werden kann, auf welche die Frucht bildenden Reiser gepfropft werden.

Gentransfer nicht zu verhindern

Da gentechnisch veränderte Bäume und ihre Produkte - von Obstbäumen natürlich abgesehen - im Allgemeinen nicht verzehrt werden, stehen gesundheitliche Risiken nicht im Vordergrund der Debatte. Vernachlässigt wird dabei, dass sich die breite Bevölkerung großen Mengen gentechnisch veränderter Pollen ausgesetzt sieht – was insbesondere für Allergiker*innen ein erhöhtes Risiko darstellt. Kommen transgene Bäume zum Blühen, können ihre Pollenwolken über erhebliche Entfernungen verbreitet werden. Junge Bäume im Kurzumtrieb sollen zwar nicht blühen, doch lassen sich unerwartete Effekte wie ein verfrühtes Blühen nicht ausschließen. Das haben die Versuche mit jungen Gentech-Pappeln in Deutschland gezeigt. Darüber hinaus können Nutz- und Wildtiere Pflanzenmaterial der transgenen Bäume fressen.  

Die gentechnische Veränderung von Bäumen ist mindestens so umstritten wie die der ein- oder zweijährigen Nutzpflanzen. Denn Bäume

  • leben über Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte
  • sind wenig züchterisch bearbeitet und domestiziert und daher durchsetzungsfähig
  • besitzen Kreuzungspartner in der Natur
  • sind zumeist Fremdbefruchter
  • produzieren riesige Mengen an Pollen und Samen
  • verbreiten Pollen und Samen über Kilometer, vielfach über Hunderte von Kilometern
  • nutzen den Transport von Pollen und Samen durch Wind, Wasser, Tiere (z.B. Vögel)
  • bilden Samen mit jahre- wenn nicht jahrzehntelanger Lebensdauer
  • und zeigen teilweise eine vegetative Vermehrung.  

 

Die Anpassung von Bäumen an Stressfaktoren wie Hitze, Trockenheit, Kälte oder belastete salzige Böden birgt ein besonderes Risikopotenzial, eröffnet sie doch den transgenen Bäumen und deren Nachkommen einen größeren Lebensraum.  Areale, in denen es bislang zu heiß, zu trocken, zu kalt oder zu salzig für die entsprechende Baumart ist, werden zugänglich. Andere an diese Lebensräume angepasste Pflanzen und Ökosysteme können verdrängt werden Aus diesem Grund kritisieren US-Umweltorganisationen auch Pläne der Firma ArborGen, kältetolerante Gentechnik-Eukalyptuspflanzen kommerziell anzubauen.  Eukalyptus gilt in den USA bereits als invasive Art, die sich ungewollt in der Umwelt ausbreitet. Der Anbau von kältetoleranten Eukalyptuspflanzen würde dieses Problem verschärfen, da eine erhöhte Kältetoleranz den Lebensraum von Eukalyptus erheblich und in unerwünschter Weise ausweitet. Zudem benötigen die Bäume sehr viel Wasser und stellen aufgrund der ätherischen Öle in ihren Blättern eine erhöhte Brandgefahr in ohnehin schon gefährdeten Gebieten dar. Biodiversität, Bodenchemie, Wasserhaushalt und Ökosystem-Funktionen würden erheblich eingeschränkt. Nicht absehen lässt sich, wieweit eine mit dem Klimawandel einhergehende Veränderung der Umweltbedingungen imstande ist, solche Effekte zu verstärken oder abzuschwächen.

Aus den oben genannten Punkten (Fremdbefruchter, Verbreitung von Pollen und Samen über große Entfernungen, Kreuzungspartner in der Natur etc.) lässt sich ableiten, dass der Gentransfer bei transgenen Bäumen nicht zu verhindern ist – und dies über sehr große Entfernungen und Zeiträume. Die gentechnisch erzeugten neuen Eigenschaften gelangen so in den Genpool von Baumarten in natürlichen und naturnahen Ökosystemen – ohne dass wir wüssten, welche Effekte langfristig damit verbunden sind. Die neuen Eigenschaften wirken über Jahrzehnte bis Jahrhunderte auf eine unübersehbare Zahl von Nichtzielorganismen wie Mikroorganismen, Bodenbewohner, Insekten, Vögel und andere Tiere.

Beispielsweise wirken insektengiftige Toxine wie das Bacillus thuringiensis (Bt)-Toxin nicht, wie vielfach angenommen, nur spezifisch auf den anvisierten Schädling. Auch andere Organismen und damit möglicherweise komplexe Nahrungsketten werden gefährdet. Lignine spielen bei der Abwehr der Pflanzen gegen Schädlinge und Krankheitserreger eine wichtige Rolle. Ihre Reduzierung oder Veränderung könnte Bäume folglich anfälliger für Schadorganismen machen. Außerdem wäre damit zu rechnen, dass sich der Abbau pflanzlicher Biomasse im Boden beschleunigt – und damit weniger CO2 gebunden wird.  

Trügerische Sicherheit

Die an der Entwicklung transgener Bäume interessierte Wissenschaft und Industrie diskutieren vielfach, zwecks Begrenzung des Gentransfers Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. So sollen Fremdgene statt in die DNA des Zellkerns in die DNA der Chloroplasten eingebaut und Pollen und/oder Samen gentechnisch steril gemacht werden. Doch diese Ansätze sind keinesfalls so sicher, wie behauptet wird:

  • Chloroplasten, die grünen, der Photosynthese dienenden Zellorganellen, können sich auch im Pollen befinden und gegebenenfalls die Fremdgene auf die Nachkommen übertragen. Außerdem ist der Gentransfer aus Chloroplasten in den Zellkern nicht ausgeschlossen. Da die Chloroplasten-DNA in vielen Kopien vorliegt und gewisse Ähnlichkeiten mit bakteriellen Systemen hat, ist zudem das Risiko eines horizontalen Gentransfers von Pflanzen auf Mikroorganismen erhöht.
  • Sehr fraglich ist, ob sich die Sterilität von Pollen und/oder Samen auf Dauer – über Jahrzehnte bis Jahrhunderte – sichern ließe. Denn diese gentechnisch erzeugte Sterilität ist in der Regel von einem komplexen System verschiedener Transgene abhängig, das unter allen (auch veränderten) Umweltbedingungen zuverlässig funktionieren müsste. Bekannt ist aber, dass Transgene nicht selten inaktiviert werden, etwa infolge bestimmter Umweltbedingungen, die nicht vorhersehbar sind. Wüchsen transgene Bäume ohne Pollen- bzw. Samenbildung auf großen Arealen, hätte dies unweigerlich auch Effekte auf zahlreiche Tierarten, die auf Pollen und Samen bzw. Früchte als Nahrung für sich und ihre Nachkommen angewiesen sind. 

Versuche, den Gentransfer bei transgenen Bäumen mit Hilfe derartiger Systeme zu unterbinden, werden kaum erfolgreich sein. Es ist davon auszugehen (und hat sich im Bereich der ein- und zweijährigen Kulturpflanzen bereits gezeigt), dass sich Transgene, einmal in die Umwelt entlassen, nicht wieder zurückholen lassen. International und auf den regelmäßig stattfindenden UN-Konferenzen zur biologischen Vielfalt (Convention on Biological Diversity CBD) wird der Einsatz von Gentechnik--Bäumen sehr kritisch diskutiert. Nicht zuletzt weil Menschen in vielen Ländern befürchten, dass sie selbst neuen Risiken und ihre Lebensräume und Wälder einem noch stärkeren Verwertungsdruck ausgesetzt werden. Allerdings kam bislang keine Vereinbarung über ein internationales Verbot für die Forschung im Freiland und den Anbau von gentechnisch veränderten Bäumen zustande.

Neuerdings wird von Seiten der International Union for Conservation of Nature (IUCN) darüber diskutiert, ob Gentechnik zu Naturschutzzwecken eingesetzt werden könne. Zum Beispiel gibt es die Idee, so die amerikanische Esskastanie vor einem aus Asien eingeschleppten Schadpilz zu schützen3. Die Übertragung eines Weizengens soll die Esskastanien gegen die vom Pilz produzierte Säure unempfindlich machen. IUCN hat einen Bericht veröffentlicht, in dem der mögliche Einsatz von synthetischer Biologie und neuen Gentechnikverfahren zur Erhaltung der Biodiversität diskutiert wird. Der Freisetzung in die Umwelt und der Nutzung langlebiger gentechnisch veränderter Organismen in den verschiedensten Ökosystemen wird darin keine klare Absage erteilt. Kritische Organisationen protestierten gegen eine derartige, ausgerechnet von einem internationalen Naturschutz-Dachverband entwickelte Position. Sie betonten, dass angesichts der Unwägbarkeiten des Einsatzes langlebiger und nicht rückholbarer gentechnisch veränderter Organismen und nicht vorhersehbarer Effekte das Vorsorgeprinzip an erster Stelle zu stehen habe, insbesondere in Zeiten des Klimawandels4.

Zuletzt aktualisiert: Dezember 2019

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