Das Gentechnikrecht

Als Nicht-EU-Mitglied hat die Schweiz ein eigenständiges Gentechnikrecht. Es entspricht in den Grundzügen weitgehend dem der EU, ist allerdings etwas strenger. Für den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen gilt im Alpenland seit 2005 ein Moratorium, Freilandversuche für die Forschung (Freisetzung) sind jedoch zulässig und finden auch statt.

In der Schweiz wird der Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) jenseits der Anwendung bei Menschen durch das Bundesgesetz über die Gentechnik im Ausserhumanbereich (Gentechnikgesetz, GTG) geregelt und durch zwei Verordnungen präzisiert.1

Die Einschliessungsverordnung regelt den Umgang mit GVO in geschlossenen Systemen wie Laboren. Deren Betreiber brauchen für Tätigkeiten mit mäßigem und hohem Risiko eine Bewilligung, die in die öffentliche Datenbank Ecogen eingetragen wird.2

Unter welchen Vorausssetzungen Forscher*innen gv-Pflanzen auf Versuchsfeldern anbauen dürfen, steht in der Freisetzungsverordnung. Freilandversuche werden vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) bewilligt, das die anderen Behörden beteiligt. In den vergangenen zehn Jahren genehmigte das BAFU ein gutes Dutzend Anbauversuche, anfänglich im Rahmen eines nationalen Forschungsprogramms über Nutzen und Risiken gentechnisch veränderter Pflanzen (NFP 59). Um zu verhindern, dass Gentechnik-Gegner*innen die Versuchsfelder zerstören, hat die eidgenössische Forschungsanstalt Agroscope eine ‚Protected Site’ eingerichtet. Dort werden derzeit versuchsweise gentechnisch veränderte Kartoffeln, Weizen und Apfelbäume angebaut. Ende 2018 reichte die Universität Zürich zwei Anträge für Feldversuche mit gv-Mais und -Gerste ein. Den Versuch mit Gerste bewilligte das BAFU im Juni 2019.3

Kaum GVO zugelassen

Lebensmittel, die aus GVO hergestellt wurden oder GVO als Zutat enthalten, dürfen in die Schweiz importiert werden, wenn das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) es genehmigt hat. Bei der Entscheidung bezieht das BLV andere Bundesstellen mit ein. Bisher hat die Behörde solche sogenannten Bewilligungen nur für wenige GVO erteilt: drei Maislinien, eine Sojalinie, zwei Vitamine, zwei Labfermente und sieben Verarbeitungshilfsstoffe.4 Unbeabsichtigte Verunreinigungen mit GVO werden bis zu einem Anteil von 0,5 Prozent pro Zutat toleriert. Allerdings müssen Hersteller*innen oder Händler*innen belegen können, dass sie geeignete Maßnahmen getroffen haben, um solche Verunreinigungen zu vermeiden.

Keine importierten GVO-Futtermittel

Laut Agrarbericht 2018 hat die Schweiz in den Jahren 2012 bis 2017 lediglich einmal 13 Tonnen gentechnisch veränderte Futtermittel importiert, und zwar 2013. Auch vor 2012 blieben die Futtertröge gentechnikfrei. 5 Der Verein Schweizer Allianz Gentechfrei führt dies auf das erfolgreiche Moratorium von 2005 zurück. Zwar dürfen theoretisch zahlreiche gentechnisch veränderte Mais- und Sojalinien und einige Raps- und Baumwolllinien in die Schweiz importiert werden. Allerdings nur in verarbeiteter und damit nicht mehr keimfähiger Form, also etwa Sojapresskuchen oder Maiskleber. Doch auch diese Produkte werden nicht importiert, da die Schweizer Landwirt*innen tierische Lebensmittel gentechnikfrei produzieren wollen.  Deshalb ist diese Liste nur relevant, wenn es um unabsichtliche GVO-Verunreinigungen geht. Hier werden wie bei Lebensmitteln 0,5 Prozent toleriert. Als GVO-haltig deklariert werden müssten die Futtermittel entsprechend den EU-Regelungen ab einem Gehalt von 0,9 Prozent. 6

Bestimmungen für Saatgut

Auch bei Saatgut werden gentechnische Verunreinigungen von 0,5 Prozent toleriert, allerdings nur mit solchen GVO, die für Lebens- oder Futtermittel zugelassen sind. Für alle anderen GVO gilt die Null-Toleranz: Jeder Nachweis führt dazu, dass das Saatgut nicht verwendet werden darf. 2018 hatte das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) laut Agrarbericht bei seinen Kontrollen in importiertem Saatgut eine gentechnische Verunreinigung in einer Luzerneprobe festgestellt. 5

Glyphosat

Nachdem die internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation WHO das Pestizid Glyphosat im März 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft hatte, begann auch in der Schweiz eine Diskussion über den Wirkstoff. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) ist der Meinung, dass Glyphosat über die Ernährung kein Krebsrisiko für den Menschen darstellt 7. Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) und Greenpeace brachten im Februar 2016 eine Petition für ein Verbot von Glyphosat ein 8. Der Nationalrat beauftragte daraufhin den Bundesrat, einen Bericht über die Belastung von Lebensmittel, Futtermittel und Menschen mit Glyphosat vorzulegen. Der Bundesrat kam in dem Bericht zu dem Schluss, dass Glyphosatrückstände in Lebensmitteln kein Gesundheitsrisiko für Konsument*innen darstellen und eine Einschränkung der Anwendung nicht notwendig sei 9. Auch im Parlament gibt es dafür keine Mehrheit; ein Verbotsantrag lag seit 2017 vor und wurde im September 2019 abgelehnt 10. Dennoch zeigte die Debatte Wirkung: Nach Angaben des BLW wurden 2017 noch 186 Tonnen Glyphosat verkauft, das waren 45 Prozent weniger als noch 2008.. Im Jahr 2018 nahm die Menge um weitere 35 Tonnen ab 11. Auch insgesamt ist die Menge der verkauften Pestizide seit 2013 rückläufig. Die Regierung hat einen Aktionsplan zur Reduzierung des Pestizideinsatzes vorgelegt, der von Umweltschützer*innen als unzureichend kritisiert wird 12. Die Volksinitiative „Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide“ will ein Verbot von synthetischen Pestiziden erreichen, das innerhalb von zehn Jahren umgesetzt werden soll 13.

Monitoring von GVO

Wird konventionelles Saatgut importiert, in dem sich gentechnisch veränderte Samen verstecken, kann es vorkommen, dass diese ungewollt in die Umwelt gelangen. Um die damit verbundenen Risiken für Natur und Artenvielfalt frühzeitig erkennen zu können, kontrolliert das BAFU einmal pro Jahr Orte, an denen eine Kontaminierung mit Gentechnik wahrscheinlich ist: zum Beispiel entlang von Bahnlinien und an Zufahrten von Futtermittelfirmen. In mehreren Untersuchungen fanden die Kontrolleur*innen einzelne Gentech-Rapspflanzen an Eisenbahnlinien oder Güterbahnhöfen. Vermutlich kam dieser Raps mit kanadischem Weizen ins Land.14 Auch in Vogelfutter wurden Spuren von Gentechnik gefunden: Zusammen mit dem BLW hatte das BAFU 2017 Vogelfutter untersucht und fand in 24 von 30 Proben jeweils bis zu 0,5 Prozent gv-Rapssamen. Da diese Samen keimfähig sind, suchte das BAFU in der Umgebung von Vogelfütterungsstellen nach gv-Rapspflanzen und wurde in zwei von 41 Fällen fündig.14,15

Zuletzt aktualisiert: Oktober 2020

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