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Über das Thema Agro-Gentechnik wird seit Jahrzehnten kontrovers diskutiert. Es geht dabei um wirtschaftliche Interessen, politischen Einfluss, mögliche Risiken und Ethik. Dass es dabei manchmal hoch hergeht, ist kein Wunder und auch gut so. Um sich selbst eine Meinung zu bilden, ist es wichtig, die Argumente beider Seiten zu kennen. Hier findet Ihr einen Überblick über wichtige Streitpunkte.
Die Zahl der Menschen nimmt weiter zu – 2050 werden wir über 9 Milliarden sein, die hauptsächlich in Städten leben und mehr Fleisch essen wollen. Die landwirtschaftliche Nutzfläche nimmt durch Erosion, Wüstenbildung und Verbauung ab und kann nur noch wachsen, indem wertvolle Ökosysteme wie Regenwälder zerstört werden. Zudem soll die Landwirtschaft mehr nachwachsende Energie und Rohstoffe liefern.
Pro: Ja, wir brauchen die Gentechnik, um den Hunger in der Welt zu bekämpfen.
Um unseren steigenden Bedarf decken zu können, muss die landwirtschaftliche Produktion in den nächsten Jahrzehnten fast verdoppelt werden. Das ist ausschließlich mit herkömmlichen Züchtungsmethoden nicht möglich. Gentechnik allein wird zwar den Hunger nicht aus der Welt schaffen, aber sie kann einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie ertragreiche, krankheits- und schädlingsresistente und dürretolerante Pflanzen entwickelt – effektiver und schneller als die herkömmliche Züchtung.
Contra: Nein, die Gentechnik schafft mehr Probleme als sie löst.
Nie zuvor hat die Menschheit mehr Nahrungsmittel produziert als heute. Über ein Drittel davon wird weggeschmissen. Wenn Lebensmittel gerecht verteilt wären, müsste niemand hungern. Dennoch hungern heute eine Milliarde Menschen - mehr als je zuvor auf diesem Planeten. 70 Prozent aller Hungernden leben auf dem Lande – insbesondere in Asien und Afrika. Was den Menschen dort fehlt, ist der Zugang zu Land, Wasser und Saatgut, zu praktischem Know-how, zu lokalen Märkten und einfachen Technologien. Mit Gentechnik-Pflanzen wird bisher ausschließlich Tierfutter, Baumwolle und Energie vom Acker produziert. In Entwicklungsländern konkurrieren sie so mit der Produktion von Lebensmitteln für lokale Märkte. Patente auf Gentechnik-Pflanzen bringen arme Bauern in neue Abhängigkeiten, da sie ihre Ernte nicht mehr zur Aussaat nutzen dürfen, ohne Lizenzen zu zahlen. Über tausend Patente auf Gentechnik-Pflanzen sind bereits erteilt worden.
Der Klimawandel stellt die Landwirtschaft in vielen Regionen vor neue Herausforderungen. Wetterextreme wie Dürren oder Starkregen nehmen zu; mit den steigenden Temperaturen breiten sich Schädlinge und Krankheiten wie Pilzinfektionen in neue Regionen aus.
Pro: Ja, wir brauchen Gentechnik-Pflanzen, um den Problemen des Klimawandels gewachsen zu sein.
Mit den neuen gentechnischen Verfahren wie Crispr/Cas können wir schneller und besser neue Sorten entwickeln, die beispielsweise gegen Überschwemmung, Dürre, Versalzung oder neue Schädlinge widerstandsfähig sind und zudem höhere Erträge liefern. Beim Wettrennen mit dem Klimawandel zählt jedes Jahr und herkömliche Züchtung braucht 12 bis 15 Jahre für eine neue Sorte. Zahlreiche angepasste Gentechnik-Pflanzen werden bereits im Labor getestet, von der virusresistenten Gurke bis zum trockentoleranten Weizen. Auf dem Markt ist schon seit über zwölf Jahren ein trockentoleranter Mais (MON87460), der mit alter Gentechnik von Monsanto und BASF gezüchtet wurde.
Contra: Nein, denn die Vielfalt der Pflanzen ist die Lösung, nicht Gentechnik.
Seit Generationen arbeiten Landwirte mit einer Vielfalt von Pflanzen, die sie den jeweiligen Umweltbedingungen wie Trockenheit oder Kälte angepasst haben. Diese Vielfalt hilft Züchtern dabei, die jetzt verstärkt gebrauchten Eigenschaften in ihre Pflanzen zu integrieren. Alle Sorten, die eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegen Dürre oder Überschwemmungen oder auch hohen Salzgehalt im Boden haben, wurden traditionell entwickelt oder konventionell gezüchtet. Die Gentechnik hat bisher nicht zur Lösung der Probleme des Klimawandels beigetragen; der trockentolerante Monsanto-Mais war ein Flop. Der Grund für diesen Misserfolg: Es gibt nicht ein Trockenheitsgen, dass man an- und ausknipsen müsste. Damit Pflanzen Dürre und anderen Stress gut überstehen, wirken zahlreiche Gene auf komplexe Art zusammen.
Schon immer haben die Menschen versucht, die Qualität ihrer Nutzpflanzen durch Züchtung zu verbessern. So entstanden aus wilden Gräsern unsere Getreidearten und aus anderen Wildpflanzen die heutige Vielfalt an Obst und Gemüse.
Pro: Ja, Gentechnik ist nur eine erweiterte Art der Pflanzenzüchtung.
Die Gentechnik macht nichts anderes als die herkömmliche Züchtung, nur auf eine moderne Art und Weise. Sie wartet nicht auf zufällige Mutationen, sondern führt sie durch Verfahren wie Crispr/Cas gezielt und mit den erwünschten Effekten herbei. Zudem lassen sich Eigenschaften wilder Vorfahren wie Krankheitsresistenzen mit Gentechnik viel einfacher einkreuzen. Auch von anderen Arten können hilfreiche Eigenschaften ins Erbgut übertragen und dadurch genutzt werden.
Contra: Nein, Gentechnik ist keine Züchtung.
Züchter*innen können nur miteinander verwandte Arten kreuzen und sie machen das auf natürlichem Weg, ohne Eingriffe in die Zelle und ins Erbgut. Bei der bisher üblichen Agro-Gentechnik werden Artgrenzen überschritten, indem fremde Genkonstrukte etwa aus Bakterien oder fremden Pflanzenarten in das Erbgut eingebracht werden. Man kann nicht vorhersagen, an welcher Stelle des Organismus die Genkonstrukte landen und wie sie dort wirken. Mit neuen gentechnischen Verfahren lässt sich das Erbgut darüber hinaus ändern, indem einzelne Gene ein- und ausgeschaltet oder an bestimmten Stellen geändert werden. Auch diese Eingriffe sind gentechnische Veränderungen, die bekannte und unbekannte Risiken mit sich bringen.
In den letzten 25 Jahren wurden vor allem zwei Arten von Gentechnik-Pflanzen angebaut. Die einen sind resistent gegen Glyphosat oder andere Herbizide; die anderen produzieren das Gift eines Bodenbakteriums (Bacillus thuringiensis, Bt) um damit Schädlinge abzuwehren. In vielen neueren Gentechnik-Pflanzen haben die Hersteller die beiden Eigenschaften kombiniert.
Pro: Ja, der Anbau von Gentechnik-Pflanzen schont die Umwelt, weil sich damit der Pestizideinsatz senken lässt.
Bt-Pflanzen produzieren selbst ein Gift gegen ihre Schädlinge. Daher muss zum Beispiel bei Bt-Baumwolle und Bt-Mais deutlich weniger gespritzt werden. Dasselbe gilt für die Gentechnik-Pflanzen, die das Spritzmittel Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat tolerieren. Der Bauer muss statt dreimal nur noch einmal spritzen. Dadurch wird die Umwelt entlastet. Zudem muss beim Anbau herbizidresistenter Pflanzen der Boden nicht mehr gepflügt werden. Das schont den Boden, verringert den Kohlendioxid-Ausstoß der Äcker und wirkt dem Klimawandel entgegen.
Contra: Nein, Gentechnik gefährdet die Umwelt und die biologische Vielfalt.
Zahlreiche Studien zeigen, dass zwar in den ersten Jahren des Anbaus von Gentechnik-Pflanzen zum Teil weniger Spritzmittel auf den Äckern landen, nach einigen Jahren kommen jedoch häufig mehr und verschiedenen Pestizide zum Einsatz. Denn sowohl die Unkräuter als auch die Schädlinge bilden Resistenzen gegen die eingesetzten Herbzide und das Bt-Toxin. Zudem machen sich verstärkt Schädlinge breit, denen das Bt-Toxin nichts anhaben kann. Der massive Einsatz von Spritzmitteln zerstört die biologische Vielfalt; es gibt also weniger Wildpflanzen und in der Folge weniger Insekten und Vögel in der Landschaft.
Damit eine gentechnisch veränderte Pflanze in der Europäischen Union angebaut oder importiert werden darf, braucht sie eine Zulassung. Deren Basis ist ein Gutachten der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA.
Pro: Ja, Gentechnik-Pflanzen werden vor der Zulassung ausreichend getestet.
Das EU-Gentechnikrecht mit seinem umfassenden Prüfungsprozess gilt zurecht als das weltweit strengste Zulassungsverfahren. Erst wenn wirklich klar ist, dass weder die Menschen noch die Umwelt durch die neue Pflanze geschädigt werden, erfolgt die Zulassung. Weil das Verfahren so aufwändig und langwierig ist, plädieren Gentechnik-Unternehmen und Biotechnologen dafür, die Regeln für neue gentechnische Verfahren abzuschwächen, da sie diese für weniger riskant halten.
Contra: Nein, Gentechnik-Pflanzen werden nicht ausreichend getestet; es gibt keine unabhängige Sicherheitsforschung.
Die Studien, die für die Zulassungsverfahren in der EU erstellt werden, sind nicht neutral, sondern stammen von den Gentechnikkonzernen selbst. Diese führen keine Langzeitstudien durch. Niemand kann wissen, wie sich Gentechnik-Pflanzen langfristig auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt auswirken. Außerdem werden diese Zulassungsstudien nicht veröffentlicht und brisante Ergebnisse von den Behörden oft nicht erkannt. So rückte der Gentechnikkonzern Monsanto die Ergebnisse eine Fütterungsstudie für den Gentechnik-Mais MON 863 erst nach einer Klage von Greenpeace heraus. Unabhängige Forscher fanden in den Studiendaten Hinweise auf Schädigungen von Leber und Nieren bei Ratten, die von den EFSA-Experten nicht erkannt worden waren.
Fallbeispiel Golden Rice
Das EU-Gentechnikrecht soll die Koexistenz sicherstellen, also das unbeeinträchtigte Nebeneinander von Gentechnik-Landwirtschaft und gentechnikfreiem konventionellen sowie ökologischem Anbau.
Pro: Ja, Verunreinigungen lassen sich vermeiden und Auskreuzungen kommen kaum vor.
Für eine Koexistenz sorgt das Gentechnikgesetz mit seinen Abstandsregeln. Es verpflichtet die Bauern dazu, darauf zu achten, dass ihre Gentechnik-Pflanzen nicht auf die Felder von Nachbar-Bauern gelangen, die gentechnikfrei arbeiten. Außerdem müssen sie dafür Sorge tragen, dass sich auch bei den landwirtschaftlichen Geräten und Transportwagen Gentechnik-Pflanzen nicht mit herkömmlichen Pflanzen vermischen. Im Falle einer Verunreinigung müssten die Landwirte, die Gentechnik-Pflanzen anbauen, für Schäden haften. Für die meisten gentechnisch veränderten Kulturpflanzen gibt es in Europa keine verwandten Wildarten, mit denen sie sich kreuzen könnten. Lediglich bei Raps kann es zu Auskreuzungen kommen, die aber meist sterile Nachkommen hervorbringen.
Contra: Nein, die Ausbreitung von Gentechnik-Pflanzen lässt sich nicht verhindern und ist unwiderruflich.
Einmal in die Natur freigesetzt, lassen sich gentechnisch veränderte Organismen nicht mehr kontrollieren oder zurückholen. Abstandsregelungen verhindern nicht, dass sich Gentechnik-Pflanzen mit Wild- oder herkömmlichen Pflanzen kreuzen. Denn Pollen fliegen über Grenzen hinweg und werden auch von Bienen kilometerweit getragen. In landwirtschaftlichen Fahrzeugen und Geräten sowie bei der Weiterverarbeitung lässt sich die strikte Trennung praktisch nicht durchsetzten. So kommt es immer wieder zu ungewollten Verunreinigungen. Das britische GM Contamination Register zählte von 1997 bis Ende 2013 insgesamt 396 Verunreinigungsfälle, die 63 Staaten betrafen. Das Schnellwarnsystem der EU listete von 2002 bis 2018 679 Fälle von Verunreinigungen mit nicht zugelassenen GVO in Futter- oder Lebensmitteln auf.
Die Gentechnik gilt als Zukunftstechnologie, die für den Arbeitsmarkt große Chancen bietet. Deshalb wird sie vom Staat umfangreich gefördert – auch in der Landwirtschaft.
Pro: Ja, Gentechnik ist eine Zukunftstechnologie, die Arbeitsplätze schafft.
Die Grüne Gentechnik ist wie ihre Schwestern, die Weiße und Rote Gentechnik, eine Zukunftstechnologie. Leider sorgt die derzeitige Gesetzgebung dafür, dass dieses Potenzial noch nicht ausreichend ausgeschöpft werden kann. Es dauert zu lange und ist zu schwierig, Gentechnik-Pflanzen in der EU zuzulassen. Deshalb müssen für neue gentechnische Verfahren wie Crispr/Cas diese Regeln geändert werden. Sonst geht der Fortschritt an den Pflanzenzüchtern in der EU vorbei und gefährdet diese Unternehmen.
Contra: Nein, Gentechnik vernichtet und gefährdet Arbeitsplätze.
Die Agro-Gentechnik ist eine Rationalisierungstechnologie, das heißt, sie vernichtet Arbeitsplätze in der Landwirtschaft. Auch fördert sie die Konzentration in der Züchtungsbranche. So kaufet das amerikanische Saatgut-Unternehmen Monsanto (gehört inzwischen zu Bayer) immer mehr seiner Konkurrenten auf. 90 Prozent aller Gentechnik-Pflanzen stammen von Monsanto. Nach einer Studie des Forschungsministeriums bietet die Agro-Gentechnik in Deutschland etwa 500 bis 1500 Arbeitsplätze. Dabei ist die Gefahr groß, dass Arbeitsplätze in der Bio-Branche und der konventionellen Landwirtschaft verloren gehen. Schon jetzt müssen gentechnikfrei wirtschaftende Landwirte und Verarbeiter sich anstrengen, um Verunreinigungen zu vermeiden und Tests bezahlen, die die Gentechnikfreiheit ihrer Produkte belegen.
Zuletzt aktualisiert: Dezember 2023