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Die Schweizerinnen und Schweizer haben 2005 den kommerziellen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen bis 2010 verboten. In den Folgejahren haben Regierung und Parlament das Anbau-Moratorium mehrfach verlängert. Diese Entscheidung hat indirekt dazu geführt, dass die Schweiz auch keine gentechnisch veränderten (gv) Futtermittel importiert – obwohl sich das geltende Moratorium nur auf den Anbau bezieht. Komplett gentechnikfrei sind die Äcker der Schweiz jedoch nicht: Für die Forschung sind Versuche im Freiland erlaubt und finden auch statt.
Am 7. Juni 2005 stimmten 55 Prozent der teilnehmenden Schweizerinnen und Schweizer für die Volksinitiative „Für Lebensmittel aus gentechnikfreier Landwirtschaft“ und beschlossen damit, dass für vorerst fünf Jahre kein gentechnisch verändertes Saatgut in die Schweiz eingeführt und dort kommerziell angebaut werden durfte. Neben Umwelt- und Tierschutzorganisationen hatten sich auch Bauernverbände und Verbraucherorganisationen an der Initiative beteiligt. Die Schweizer Regierung und das Parlament waren ursprünglich gegen das Moratorium. Sie argumentierten, dass das Gentechnikgesetz ausreiche, um einen möglichen Anbau zu reglementieren. Durch die Volksinitiative änderte sich das: Seit der Abstimmung wurde das Moratorium dreimal verlängert. Zuletzt sprach sich das Parlament 2017 auf Vorschlag des Bundesrates für eine Verlängerung aus. Das aktuelle Moratorium ist bis Ende 2021 befristet. Im November 2020 beschloss der Bundesrat einen Entwurf zum Gentechnikgesetz, um das Moratorium bis 2025 zu verlängern. Das Parlament muss noch zustimmen.1
Zu seinem Vorschlag, das Moratorium zu verlängern, teilte der Bundesrat mit, es solle auch für Produkte aus neuen gentechnischen Verfahren gelten. Die Zeit bis 2025 "soll dafür genutzt werden, offene Fragen zu neuen gentechnischen Verfahren zu beantworten und ihren Stellenwert in einer nachhaltigen Landwirtschaft zu diskutieren",heißt es in der Mitteilung des Bundesrates.1 Gleichzeitig seien "die erforderlichen Kenntnisse für die Nachweisbarkeit der entsprechenden Produkte zu erarbeiten, damit die Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten sichergestellt ist". Der Bundesrat unterstützt die Forschung und Entwicklung neuer gentechnischer Verfahren. weil er sich davon "ein Innovationspotential in verschiedenen Anwendungsbereichen wie beispielsweise der Landwirtschaft" verspricht.
Schon 2013 hatte die Regierung Vorschläge für eine Koexistenzregelung (Koexistenz) vorgelegt. Die Idee war, gentechnisch veränderte und konventionell gezüchtete Pflanzen nebeneinander anzubauen. Um Kreuzungen zu verhindern, sollten GVO-Kulturen nur in speziell dafür geschaffenen Anbaugebieten zugelassen und besonders überwacht werden. Dieser Vorschlag fand im Parlament keine Mehrheit.
Ein 2016 vom Bundesrat vorgelegter Bericht zu Kosten und Nutzen gentechnisch veränderter Pflanzen kam zu dem Ergebnis, dass bestimmte Gentech-Pflanzen eine umweltschonende Land- und Ernährungswirtschaft fördern könnten. Ihr Anbau sei jedoch aus sozioökonomischer Sicht nicht rentabel. Gemeint ist damit, dass die Verbraucher*innen die Lebensmittel nicht kaufen würden und die Koexistenz beider Anbauarten mit hohen Kosten verbunden wäre. Deshalb sieht auch der Schweizer Bauernverband keine Gründe, den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zuzulassen. Der Bericht kommt jedoch zu dem Schluss, dass sich die Haltung der Bevölkerung ändern könnte „mit der Entwicklung von Sorten, die besser auf die Schweizer Agrarsysteme zugeschnitten sind“.2
Solche maßgeschneiderten Sorten versprechen die Anwender*innen neuer gentechnischer Verfahren wie CRISPR/Cas. Auch in der Schweiz wird kontrovers debattiert, wie diese neuen Methoden zu regulieren seien. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass es sich bei CRISPR&Co grundsätzlich um gentechnische Verfahren handle. Es sei aber unklar, ob die so hergestellten Produkte entsprechend der heutigen Gesetzgebung als gentechnisch veränderte Organismen gelten oder nicht. Deshalb hat der Bundesrat Ende 2018 vorgeschlagen, das geltende Recht risikobasiert den neuen Entwicklungen anzupassen. Dazu sollen die verschiedenen neuen Verfahren und die damit hergestellten Produkte in Kategorien eingeteilt werden. Für diese würden dann anders als bisher keine einheitlichen, sondern unterschiedliche Anforderungen an die Risikobewertung gelten. Eckpunkte darüber, wie die Gesetze dafür angepasst werden müssten, wollte der Bundesrat nach dem Sommer 2019 festlegen und bis Ende 2019 dann eine Vernehmlassungsvorlage vorlegen. Das ist ein Gesetzesvorschlag, der veröffentlicht wird und von allen Schweizer*innen kommentiert werden kann.3 Ende Oktober 2020 lag noch kein Vorschlag vor.
Bis Ende August 2018 hatten 30.000 Menschen die Petition „Neue Gentechnik-Verfahren dem Gentechnik-Gesetz unterstellen“ unterzeichnet. Initiiert hatten die Petition die Kleinbäuer*innen-Vereinigung, die Schweizer Allianz Gentechfrei (SAG) und die Alliance Suisse pour une agriculture sans génie génétique. Die SAG will, dass die Grundprinzipien des Gentechnikgesetzes auch auf die neuen Gentechnikverfahren angewandt werden. Ihrer Meinung nach braucht es eine Deklarationspflicht für sämtliche Produkte der Neuen Gentechnik, damit die Sicherheit und die Wahlfreiheit für die Konsumentinnen und Konsumenten gewährleistet ist.4
Auch die gemeinnützige Stiftung für Technikfolgen-Abschätzung (TA Swiss) mahnt vor einer voreiligen Zulassung der Neuen Gentechniken. Die Stiftung rät der Schweizer Regierung in einem Gutachten, die noch bestehenden Wissenslücken über Neue Gentechniken offen zu kommunizieren. Da die Erwartungen an CRISPR&Co sehr hoch seien, drohe die Gefahr, dass Unsicherheiten ausgeblendet werden. Dabei sei es weiterhin sehr schwierig, unerwünschte Nebenwirkungen einzuschätzen. Außerdem empfiehlt TA Swiss, Nachweismethoden für mithilfe der Neuen Gentechniken hergestellte Produkte zu erforschen. Diese sind notwendig, um herauszufinden, welche Produkte mithilfe der Neuen Gentechnik hergestellt wurden – eine Voraussetzung für die Kennzeichnung.5
Die Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH) kam in einem Bericht über die ethischen Anforderungen an die Regulierung neuer gentechnischer Verfahren zu folgendem Schluss: Der Vorsorgegedanke seiethisch begründet und müsse deshalb rechtlich konsequent gestärkt und umgesetzt werden.6
Im Juli 2018 hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die neuen Verfahren unter das EU-Gentechnikrecht fallen. An diesen Entscheid ist die Schweiz nicht gebunden, aber im Züchtungsbereich ist sie eng mit der EU verflochten. Doch auch in der EU wird noch darüber diskutiert, das Gentechnikrecht zu verändern.
Zuletzt aktualisiert: November 2020